Von Damaskus nach Darmstadt: Wie unser Azubi Tarek zu uns kam

Der Beginn der Ausbildung ist der erste Schritt in den nächsten Lebensabschnitt, das Berufsleben. Für Tarek Al Majzoub, Bürokaufmann in spe bei uns, lagen vor diesem großen Schritt viele kleine, meist beschwerliche Schritte – von Damaskus bis nach Darmstadt. Denn Tarek studierte in der syrischen Hauptstadt Betriebswirtschaftslehre, als er sich vor die Wahl gestellt sah: In den Krieg ziehen oder Syrien verlassen.

Eine beschwerliche Reise

Denn im syrischen Bürgerkrieg, der, was man oft vergisst, schon seit 2011 wütet, sollten irgendwann alle jungen Menschen und damit auch der damals 20jährige Tarek, zum Militärdienst eingezogen werden. „Das hätte bedeutet: Entweder ich werde getötet oder ich muss jemanden töten. Das kam für mich nicht in Frage“, erklärt er. Also begab er sich mit dem Taxi von Damaskus nach Beirut und flog von dort ins türkische Istanbul, wo sein Bruder bereits seit vier Jahren lebte. Das Ziel: Flensburg, wo ein weiterer Bruder schon seit einer Weile wohnt. Zwischen Istanbul und Norddeutschland liegt aber noch ein ziemlich großes Stück Europa. Mit einem Bus fuhren sie von Istanbul in die Hafenstadt Bodrum, setzten erst mit Segelbooten, die wegen ihrer schlechten Qualität „Todesboote“ genannt werden, auf die Insel Kos über und dann von dort nach Athen. Der Landweg aus Griechenland bis nach Mitteleuropa bestand aus Bus- und Zugreisen – und einem Fußweg von etwa 70 Kilometern, quer durch Kroatien. Der Weg war nicht nur lang, sondern auch durchaus gefährlich, weswegen Tarek und sein Bruder abwechselnd versuchten zu schlafen, teilweise sogar beim Laufen.

Tarek Al Majzoub auf Zwischenstopp im Libanon.
Tarek Al Majzoub auf Zwischenstopp im Libanon.

Dass sie ankommen würden, daran habe er nie gezweifelt, erklärt Tarek, die Frage sei nur gewesen, wann. Manche Menschen bräuchten für die Strecke nach Deutschland bis zu drei Monate. Auch für ihn sei es unterwegs nicht einfach gewesen, es war kalt, auch weil er nur sommerliche Kleidung dabei hatte. Nach Flensburg schafften sie es allerdings nicht: In Passau an der deutsch-österreichischen Grenze wurden sie aufgegriffen und statt nach Schleswig-Holstein nach Viernheim in eine Unterkunft geschickt.

In Südhessen angekommen

Das erste Jahr in Deutschland, erklärt er, sei eine Katastrophe gewesen. Er habe kaum Deutsch gesprochen, das erste Wort, dass er in der fremden Sprache lernte, sei „Kabelbinder“ gewesen. Zu dieser Zeit, im Jahr 2015, lebte er noch in einer Unterkunft für Geflüchtete in Viernheim an der Bergstraße. Später wohnte er in Zwingenberg und Lorsch, wo er während verschiedener Praktika auch sein Deutsch verbesserte. Erst mit dem Aufenthaltstitel durfte er jedoch Deutschkurse besuchen, den letzten absolvierte er an der TU Darmstadt. Eigentlich wollte er hier sein Wirtschaftsstudium fortsetzen, im Studienkolleg wurde er jedoch nicht in die Wirtschaftskurse aufgenommen. 2019 fing er stattdessen eine Ausbildung als Kaufmann für Büromanagement im HEAG Verkehrskonzern an.

Mittlerweile ist Tarek in Südhessen angekommen. Nicht nur bei der HEAG mobilo, auch in Deutschland fühlt er sich wohl und erfährt viel Unterstützung durch seine Nachbarn. Seine Eltern und seine kleine Schwester leben noch in Syrien. Ob er irgendwann zurück will? Erst wenn Al Assad, den er nur „der Diktator“ nennt, nicht mehr da ist, und wenn dann auch nur in den Urlaub. Aber erstmal steht die Ausbildung bei uns im Vordergrund, anschließend eventuell ein Studium.

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